Über Unterricht mit Kindern

Der Instrumentalunterricht für Kinder im Grundschulalter ist für den Lehrer mit einer großen Verantwortung verbunden. Hier können Grundlagen gelegt und Chancen genutzt oder auch vergeben werden.

Die Begeisterung für Musik kann geweckt, gefördert oder auch genommen, das Notenlesen und die instrumentalen Fertigkeiten einerseits als unproblematisch und eigentlich einfach erlernt werden; andererseits bauen die Schüler durch eine unbedachte Methodik möglicherweise Hemmungen auf, die später nur schwer zu überwinden sind.  

Ganz wichtig ist in dieser Zeit, dass Kinder Wertschätzung erleben, dass Musik im Allgemeinen als wertvoll betrachtet wird und dass sie selbst mit ihrem Bemühen und ihren Fortschritten Anerkennung finden. An dieser Stelle ist auch das Engagement der Eltern nötig, die nicht nur organisatorisch den Musikunterricht ermöglichen, sondern den beschriebenen Respekt für die Leistung des Kindes auch zum Ausdruck bringen sollten.  

Die Meinung, dass Kinder viel schneller lernen als Erwachsene, und man deshalb, um diesen Umstand auszunutzen, möglichst früh mit dem Instrumentalunterricht beginnen sollte, kann ich nicht uneingeschränkt teilen. Vielmehr erlebe ich, dass diese zunächst einmal langsamer vorankommen als Jugendliche und Erwachsene. Das liegt zum einen daran, dass Fertigkeiten wie Zuhören, Konzentrieren, logisches Denken oder auch nur Stillsitzen in dieser Zeit erst erworben werden; dabei kann der Musikunterricht auch hilfreich sein. Zum anderen liegt es daran, dass in der Regel nur wenige Vorkenntnisse vorhanden sind, auf denen man aufbauen kann. Sachverhalte wie der Unterschied zwischen Geräusch und Ton oder, dass Töne hoch oder tief klingen, müssen erklärt, vorgemacht und den Kindern in spielerischer Weise erfahrbar gemacht werden. Manchmal bedürfen selbst Begriffe wie „links“ und „rechts“ oder die genauen Namen der einzelnen Finger noch einer Erklärung. Hier ist nun der frühe Beginn des Instrumentalspiels und allgemeinen Musikunterrichts von Vorteil. Er bietet die Möglichkeit, musikalische Zusammenhänge und die Notenschrift aus ihrem Ursprung zu erklären und zu begreifen. Das beeindruckend Erklärte hinterlässt eine bleibende Prägung im Gedächtnis des Kindes, die einen Erfahrungsschatz darstellt, der nicht mehr verlernt oder vergessen wird. Diese tiefe Verinnerlichung von erworbenem Wissen und erworbenen Fertigkeiten ist bei Kindern besonders leicht möglich und aus diesem Grunde ist ein rechtzeitiger Beginn des Musikunterrichts letztlich doch sinnvoll und wünschenswert.

Mir erscheint es vorteilhaft, ab dem sechsten Lebensjahr des Kindes, in der Regel mit dem Schuleintritt, mit dem Gitarrenunterricht anzufangen. Eventuell ist ein Unterrichtsbeginn auch schon einige Monate vorher empfehlenswert, sofern Grundlagen bezüglich der Feinmotorik und der Konzentrationsfähigkeit gegeben sind. Solange die Kinder noch nicht lesen können, lernen sie die Reime, zu denen sie musizieren, auswendig. In diesem Fall sollten die Eltern den Kindern zuhause beim Üben behilflich sein.

Das Lesen der Töne der Notenschrift mit dem Lesenlernen in der Schule zu verknüpfen, halte ich für günstig, denn ich weise von Anfang an auf den Zusammenhang zwischen Notennamen und Buchstaben hin. Nach den ersten kleinen Melodien auf den ungegriffenen Saiten „g“ und „d“ lernen die Kinder weitere Töne, die mit der linken Hand gegriffenen werden. Die Reihenfolge entspricht dabei zum besseren Verständnis der Reihenfolge der Buchstaben im Alphabet: a b c d e f g (e hier als ungegriffene Saite). Die Tonnamen werden auf diese Weise in der Regel gut im Gedächtnis verankert.

Es ist auch vorteilhaft, von Anfang an von hohen und tiefen Tönen zu sprechen und nicht etwa von hellen und dunklen, da die Begriffe „hoch“ und „tief“ der Darstellung der Töne im Notenbild entsprechen.d.h. hohe Töne werden auf den Notenlinien weiter oben aufgeschrieben, tief klingende weiter unten. Die Kinder dürfen zu selbst ausgedachten Reimen und Texten auch eigene Melodien erfinden und aufschreiben. Wenn die Kinder auf Genauigkeit beim Schreiben achten, erlangen sie auch mehr Sicherheit beim Lesen der Töne. Es ist eben nicht egal, ob eine Note auf der zweiten oder dritten Notenlinie steht, oder in welchem Zwischenraum sie notiert ist, sondern es macht einen erheblichen Unterschied, den man beim Vorsingen oder Vorspielen auch sofort hört. Die musikalische Hörfähigkeit kann auch so von Anfang an trainiert werden. Es ist auch nicht zu unterschätzen, dass eine selbst ausgedachte Melodie zu einem selbst ausgedachten Text einen Anreiz darstellen kann, mit mehr Freude und Fleiß zu üben, und damit das Selbstbewusstsein und die Zufriedenheit stärkt. Bei Kindern im Grundschulalter kann gar nicht genug Wert auf das Selbermachen gelegt werden, da dieses zu einer tieferen Verankerung im Gedächtnis führt.

Bei etwas älteren Kindern, die kurz vor dem Wechsel auf eine weiterführende Schule stehen oder diesen Schulwechsel schon hinter sich haben, sind durch einen absolvierten Unterricht in musikalischer Früherziehung oder den Musikunterricht in der Grundschule oft schon Vorkenntnisse vorhanden. In diesem Fall greife ich auf ein altersgemäßes Lehrbuch zurück und das Selbermachen wird im Unterricht weniger Raum einnehmen. In diesem Alter ist der Anspruch der Kinder an die Qualität der Texte und der zu spielenden Musik schon höher. Gerne werden Melodien und Texte aufgegriffen, die sie aus den Medien, aus der Schule oder auch durch die musikalischen Vorlieben der Eltern kennengelernt haben. Letzteres kann dann problematisch sein, wenn das Kind meint, diesen Vorlieben gerecht werden zu müssen, obwohl sie dem Alter des Kindes und seinen momentanen Möglichkeiten noch gar nicht entsprechen. Deswegen hier eine Bitte an die Eltern: Lassen Sie Ihrem Kind Zeit, einen eigenen musikalischen Geschmack zu entwickeln. Bestärken Sie es durch Ihr Interesse und ihr Lob auch bei einfachen, kindgerechten Liedern und Musikstücken und auch, wenn es zunächst nur kleine Fortschritte erzielt.  

Immer wieder höre ich, dass Kinder gerne zu mir in den Unterricht kommen und der Tag des Gitarrenunterrichts für sie ein wichtiger Tag in der Woche ist. Darüber freue ich mich natürlich. Da ich mich aber eher für einen ernsthaften, freundlichen und höflichen, nicht unbedingt „lieben“ Menschen halte, führe ich die geschilderte Zufriedenheit der Kinder auch auf eben diese Eigenschaften zurück. Sie werden von mir ernst und wichtig genommen. Sie merken, dass sie ganz und gar im Mittelpunkt der Unterrichtsstunde stehen, was für sie in einer Unterrichtssituation etwas Besonderes ist, und sie genießen dieses. Sie erkennen, dass ich mich um sie bemühe und ihren Gedanken, Wünschen, Einwänden und Fragen Aufmerksamkeit schenke. Sie erfahren im Musikunterricht ein Miteinander auf Augenhöhe.  

Damit ein guter Unterricht gelingen kann, ist die häusliche Vorbereitung eine notwendige Voraussetzung. Dazu bedarf es der Unterstützung durch die Eltern. Grundsätzlich sollte sich das Spiel des Kindes in die „richtige Richtung“ entwickeln. Für kurze Zeit ist ein Verharren auf einem gleichbleibenden Niveau jedoch durchaus üblich. Wenn sich daran aber über längere Zeit  nichts ändert, oder sich sogar Rückschritte ergeben, d.h. es werden Fähigkeiten verlernt, so muss ein klärendes Gespräch geführt werden, um die Situation zu verbessern. Manchmal ist es notwendig auch über ein Beenden des Unterrichts nachzudenken. Dies ist für die Kinder eine schwierige Situation. Kinder scheuen sich oftmals, Gewohnheiten aufzugeben und sich eine veränderte Interessenlage einzugestehen und nehmen sich diese Entscheidung eventuell sehr zu Herzen. Um dem Kind seine Sorgen zu nehmen, gilt es ihm deutlich zu machen, dass wir alle in den Wegen, die wir einschlagen, irren können und dann Mut brauchen umzukehren, damit wir Neues ausprobieren können.

Das vorrangige Ziel bleibt jedoch für mich, die Freude an der Musik vorzuleben, sie in den Kindern zu wecken und dauerhaft zu erhalten.